Gaswerkareal & Brückenkopf West,
BernAuslober
Verfahren
Offener städtebaulicher Ideenwettbewerb
Artikel auf Espazium
Jurybericht
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Schwemmebene Marziliquartier – eine Entwicklungsgeschichte Die Schwemmebene der Aare im Marziliquartier ist ein bedeutungsvolles und charakterprägendes stadtlandschaftliches Element im Stadtkörper von Bern. Sie entwickelt sich unterhalb der Bundesterrasse auf dem westlichen Ufer der Aare mit einer breiteren und flachen, sich nach Südwesten ausbreitenden Ebene. Weiter südlich, ab dem Verkehrskreisel Marzili-, Sandrain- und Sulgeneckstrasse wird die Schwemmebene deutlich schmaler und die Hangkante rückt näher zum Fluss.
Bereits ab den 1880er Jahren ist die Stadt mit ihren bekannten, überwiegend strassenbegleitenden Bebauungsstrukturen aus Zeilenbauten und Punktbauten westlich der Marzilistrasse in die Schwemmebene gewachsen. In diesem Bereich fühlt man sich «in der Stadt», selbst in dem parkartig angelegten Schulgelände aus den 1960er Jahren, das erst kürzlich durch eine Primarschule ergänzt worden ist. Der besondere Charakter der Schwemmebene und ein Bezug zu dem die Stadt durchquerenden Fluss sind hier kaum spürbar.
Auf der Ostseite der Marzilistrasse und der Sandrainstrasse ist die Schwemmebene nur teilweise bebaut und als flache zusammenhängende Landschaft an der Aare nach wie vor erlebbar. Hier reihen sich einzelne, prägende Ereignisse aneinander:
Zunächst das Marzilibad mit dem sogenannten Bueber, dem Bubenbad im Norden, den Aussenschwimmbecken und dem Frauenbad mit FKK-Bereich. Für die Weiterentwicklung des überaus beliebten Berner Freibads findet aktuell ein Wettbewerb statt, bei dem u.a. geprüft wird, den Seitenarm der Aare zwischen Dampfzentrale und Ryfffabrik sowie im Süden des Badegeländes wieder frei zu legen. Für den Ort und das Marzilibad wäre es ein grosser Gewinn, dieses seit den späten 1960er Jahren verschüttgegangene Gewässer zurückzuerhalten.
Weiter südlich folgt die unmittelbar an der Aare liegende Dampfzentrale, die heute ein Restaurant mit schöner Aussenterrasse am Wasser beherbergt und als Ort für diverse Kulturveranstaltungen dient.
Im engen baulichen Zusammenhang damit folgt südwestlich die in mehreren Etappen entstandene alte Ryfffabrik. Hier wurden im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Strickerei-Waren herstellt. Die Anlage war dereinst als eine Art «Fabrik-Campus» angelegt. So wurden die Mitarbeitenden etwa in einem eigenen Restaurant mit Terrassen am Seitenarm der Aare drei Mal in der Woche verpflegt. Die Grundlagen für diese Speisen wurden zum Teil auf dem Areal selbst angebaut. Es gab Obstheine, kleine Gemüsefelder und einen Schweinestall.
Lange wurde der historische und räumliche Wert der Ryfffabrik nicht erkannt, so dass eine Unterschutzstellung erst relativ spät erfolgte. Heute wirkt das Gebäude-Ensemble auf seiner Südseite beschnitten und unvollständig. Dies nicht zuletzt auch durch die trennende Wirkung der über dem südlichen Bereich des Ryfffabrik-Areals thronenden, mächtigen Montbijoubrücke, die in den 1960er Jahren erstellt worden ist.
Schliesslich folgt das ehemalige Gaswerkareal. Einige historische Bauten, namentlich das Gasmeisterhaus, die Direktorenvilla und das Werkstattstattgebäude erinnern noch an die ehemalige Nutzung für die Stadtgasproduktion. Auf dem Areal befinden sich seit den 1970er-Jahren auch eines der ersten Jugendzentren in der Schweiz, der Gaskessel sowie eine neuere Skateranlage. Weite Bereiche, insbesondere im Osten direkt an der Aare werde durch ein in den 2000er Jahren angelegtes Biotop sowie grosszügige Rasen- und Waldflächen besetzt, die von der Bevölkerung gerne angenommen werden. Gleichwohl sind heute grosse Flächen va. im Norden des Areals für die Öffentlichkeit heute nicht zugänglich.
Stadträumlich bemerkenswert ist der Wandel des Areals von einem einst dicht bebauten, von der freien Landschaft umgebenen Geländes hin zu einem kaum bebauten Leerraum, um den herum die Stadt gewachsen ist. Alleine daraus erwächst die Verpflichtung eines sehr überlegten Umgangs mit dieser Fläche in der Zukunft.
Städtebauliche Zielsetzungen – 5 Thesen
Referenz Schwemmebene Die Tatsache, dass das Gaswerkareal Teil der nach wie vor erlebbaren Schwemmebene der Aare ist, muss der Ausgangspunkt für alle städtebaulichen Überlegungen sein. Es besteht mit der künftigen Entwicklung östlich der Sandrainstrasse nun die einmalige Chance, die Schwemmebene als ein die Stadtlandschaft von Bern prägendes Element zu stärken und weiterhin spürbar zu halten.
Neuer Quartierteil aber keine klassischen städtebaulichen Strukturen Vor diesem Hintergrund wäre es falsch, die westlichen Bereiche des Gaswerkareals mit bekannten, wohlmöglich strassenbegleitenden Stadt- und Erschliessungsmustern zu belegen. Denn dann geht das wichtige stadträumliche Element Schwemmebene mit seinem einzigartigen Charakter verloren. Es muss das Ziel sein, für die Baubereiche östlich der Sandrainstrasse ganz neue Typologien zu finden, die mehr auf Eigenständigkeit setzen, als darauf, die bestehende Stadt weiterzubauen.
Ergänzung Campus Ryfffabrik & Aufhebung trennende Wirkung Montbijoubrücke Die heute kupierte Ryfffabrik sollte wieder zu einem integralen Campus vervollständigt werden, so dass sie als eigenständige bauliche Anlage im Stadtkörper erscheint. Die trennende Wirkung der gewaltigen Montbijoubrücke kann damit gleichzeitig aufgehoben werden. Es ist hier das Ziel, die Brücke quasi zu «unterbrücken».
Beziehung der Stadt zu ihrem Fluss Der Zugänglichkeit des Gaswerkareals für die Öffentlichkeit ist in der Zukunft ein grosses Gewicht einzuräumen. Dabei sollte die Beziehung der Stadt zu ihrem Fluss gestärkt werden, durch einen bewussten Umgang mit grosszügigen Sicht- und Wegebeziehungen. Hier besteht das Potential eines erheblichen Mehrwerts für die Stadt und das Quartier.
Verknüpfung mit der oberen Stadt Die mangelhafte Verbindung zwischen Marzili- und Montbijouquartier sollte markant verbessert werden.